Nicht nur medial sondern auch in juristischen Fachkreisen wird zunehmend das Thema „Digitaler Nachlass“ in den Augenschein genommen, was der nicht mehr wegzudenkenden Nutzung des Internets, auch zunehmend durch ältere Generationen geschuldet ist. Der digitale Nachlass umfasst nicht nur die Identitäten des Erblassers im Internet, sondern sämtliche vertragliche Beziehungen, die über das Internet initiiert wurden, sowie Daten, Nutzungsrechte oder digitales Bargeld. Bei den Profilen in sozialen Netzwerken handelt es sich um persönlichkeitsrechtlich höchst sensible Daten, deren Behandlung ein besonderes Augenmerk verdient. Was aber passiert mit dem Tod einer Person mit deren digitalem Nachlass?
Auch für den „nicht sichtbaren Nachlass“ im Internet gilt der im deutschen Erbrecht geltende Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge: Das Vermögen des Erblassers geht mit dessen Tod als Ganzes auf den oder die Erben über. Sie treten dabei in sämtliche Rechtspositionen des Verstorbenen ein, also auch in bestehende Vertragsbeziehungen. Eine Ausnahme gilt hier nur im Bereich der höchstpersönlichen Rechte, darunter das allgemeine Persönlichkeitsrecht und Schuldverhältnisse mit dominierendem Personenbezug, so zum Beispiel der Arbeitsvertrag. Diese Rechte erlöschen mit dem Tod des Erblassers.
Infolge dieses Eintritts in die Rechtsbeziehungen des Erblassers besteht auf Seiten der Erben ein nachvollziehbares Interesse daran, sich einen Überblick über etwaig bestehende vertragliche Verpflichtungen zu verschaffen. Aus diesem Grund muss den Erben tatsächlich ein Auskunftsanspruch zustehen.
Ein kann sich einerseits aus dem Provider-Vertrag in Verbindung mit dem Grundsatz der Gesamtrechtsnachfolge ergeben. Dieser Anspruch bezieht sich nicht nur auf den Inhalt des Vertrags zwischen Erblasser und Provider, sondern muss sich zwangsläufig auch schon vorgelagert auf die Frage erstrecken, ob überhaupt ein Vertragsverhältnis besteht.
Ferner kann ein solcher Auskunftsanspruch der Erben auch aus dem Datenschutzgesetz resultieren. Gemäß § 34 Datenschutzgesetz hat der Betroffene einen Anspruch auf Auskunft hinsichtlich der zu seiner Person gespeicherten Daten. Aus dem Schutzzweck des Datenschutzgesetzes ergibt sich aber, dass dieser Anspruch grundsätzlich nur dem Betroffenen, also dem noch lebenden Erblasser, nicht aber dessen Erben zusteht. Etwas anderes gilt nur, wenn die Auskunft für die Durchsetzung vermögensrechtlicher Ansprüche der Erben notwendig ist. Allerdings ist nicht immer eindeutig festzulegen, ob die personenbezogenen Daten tatsächlich einen Vermögensbezug haben. Damit ist ein auf das Datenschutzgesetz gestützter Auskunftsanspruch der Erben nicht ohne weiteres erfolgsversprechend.
Es lohnt daher, sich frühzeitig sich mit dem Thema „Digitaler Nachlass“ zu beschäftigen. Den Erben ist anzuraten, sich unmittelbar nach dem Erbfall einen Überblick über die Rechtspositionen des Erblassers im Internet auf Grundlage der genannten Auskunftsansprüche zu verschaffen und gegebenenfalls anwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen.
Artikel gestützt auf: Digitaler Nachlass – Erbenschutz trotz Datenschutz, NJW 2015, 3473