Das Landgericht Lüneburg hat den 94-jährigen früheren SS-Mann Oskar Gröning wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu einer Haftstrafe von vier Jahren verurteilt. Die Anklageschrift wurde auf die Ungarn-Aktion im Sommer 1944 beschränkt. Ein erster Prozess im Jahr 1985 wurde aufgrund fehlender Beweise eingestellt.
Die Verteidigung forderte einen Freispruch, da nach ihrer Auffassung Gröning den Holocaust im strafrechtlichen Sinne nicht gefördert habe. Dem entgegnete der Vorsitzende Richter, dass sich der Angeklagte bewusst für seinen Dienst im Lager entschieden hat. Gröning selbst hat im Prozess seine Beteiligung und moralische Mitschuld am Holocaust eingeräumt. Diesbezüglich gestand er das von Häftlingen zurückgelassene Gepäck weggeschafft und Geld von Verschleppten gezählt und zur SS weitergeleitet zu haben.
Bei der Strafzumessung hat das Landgericht das Alter des Angeklagten berücksichtigt. Eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung, weil eine etwaige Verurteilung schon vor Jahrzehnten möglich gewesen wäre, wurde jedoch verneint.
Landgericht Lüneburg, Urteil vom 15.07.2015 – 27 Ks 9/14